Von uns geführter Musterprozess führt zu Gesetzesänderung bei Brillen und Kontaktlinsen

Aufgrund eines von uns geführten und finanzierten Musterprozesses (Bundessozialgerichtsurteil BSG 23.06.2016 Az.B 3 KR 21/15 R) ist die Verordnungsfähigkeit von Brillen und Kontaktlinsen im April 2017 zu Gunsten gesetzlich Versicherter und Beihilfeberechtigter wieder geändert worden. Seit 2004 hatten nur Sehbehinderte Anspruch auf Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe. Absurd war jedoch, dass die Sehbehinderung mit dem Hilfsmittel gemessen werden musste. Durch die Gesetzesänderung ist es nun wieder möglich Erwachsenen, die nicht sehbehindert sind, ab einer bestimmten Stärke die notwendigen Brillen und Kontaktlinsen verordnen zu dürfen. In dem geführten Rechtsstreit waren einem Sehbehinderten, der mit bester Brillenkorrektion nur 20% Sehschärfe erreichte und Hartz IV Leistungen erhielt, die Kontaktlinsen verweigert worden, weil er mit diesen 120% Sehschärfe erreichte und somit nicht mehr sehbehindert war. Sollten Sie Stärken über 6 Dioptrien benötigen oder eine Verkrümmung (Astigmatismus) von mehr als 4 Dioptrien aufweisen, besteht wieder Anspruch auf eine Brille. Wenn Sie zusätzlich eine der folgenden Kontaktlinsenindikationen erfüllen, besteht auch Anspruch auf Kontaktlinsen durch die Krankenkasse.

Myopie ab 8,00 Dpt / Hyperopie ab 8,00 Dpt / Astigmatismus obliquus ab 2 Dpt / Astigmatismus rechts/inversus ab 3 Dpt / Anisometropie ab 2 Dpt / unregelmäßiger Astigmatismus, wenn dadurch eine um 20 Prozentpunkte bessere Sehschärfe erreicht wird / Aphakie / Keratokonus

Begründung der Gesetzesänderung § 33 SGB V:

Unter Beibehaltung des grundsätzlichen Leistungsausschlusses bezüglich der Versorgung mit Sehhilfen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wird die Ausnahmeklausel erweitert. Die bisherige Ausnahmeklausel, die ausschließlich auf die Sehbeeinträchtigung mit bestmöglicher Korrektur abstellt, hat den anspruchsberechtigten Personenkreis über das vom Gesetzgeber beabsichtigte Maß hinaus eingeschränkt. Darauf hat die aktuelle Rechtsprechung hingewiesen (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016, Az. B 3 KR 21/15 R

Auszüge aus unserem Urteil:

Normalbrillen könne sich im Prinzip jeder leisten, es gibt aber Sehhilfen, die deutlich teurer sind, was insbesondere für Kontaktlinsen gilt, besonders, wenn Versicherte aus medizinischen Gründen angemessen nur mit Kontaktlinsen zu versorgen sind.

Der Gesetzgeber wird sich damit auseinanderzusetzen haben,…..und prüfen müssen, ob das gegenwärtige Konzept, das allein auf den Schweregrad der Sehbehinderung abstellt und nicht auch auf die mit einer Sehhilfe erreichbare Verbesserung des Sehvermögens….. noch dem heutigen Verständnis eines vollen Behinderungsausgleiches entspricht……..

Dabei sollte der Gesetzgeber auch klären…..unter welchen Voraussetzungen….. die Krankenkassen sich an der Versorgung mit Sehhilfen zumindest zu beteiligen haben